Stiftung Palma Aquarium: Schildkrötenklinik im Urlaubsparadies

68 Prozent der auf den Balearen geretteten Meeresschildkröten haben Plastik verschluckt

Stiftung Palma Aquarium: Schildkrötenklinik im Urlaubsparadies

Das Team der Stiftung Palma Aquarium bei einer Rettungsaktion auf See (Bildquelle: Palma Aquarium)

Palma de Mallorca, 27.08.2024 – Das Palma Aquarium Rettungsteam wird gerufen, wenn verletzte Meerestiere – meist Schildkröten, Wale, Delfine und Haie – an den Ufern der Balearischen Inseln stranden. Dann rücken Biologen, Tiermediziner und Freiwillige des Marine Fauna Recovery Centers der Stiftung Palma Aquarium aus, um die größeren Tiere vor Ort zu versorgen – während die meisten Meeresschildkröten in das Rettungs- und Rehabilitationszentrum im Palma Aquarium gebracht werden. Und das ist immer öfter der Fall: 2023 retteten die Meeresschützer insgesamt 112 Schildkröten, Wale, Delfine und Haie. Im aktuellen Jahr sind es bereits 64.

Das Marine Fauna Recovery Center befindet sich hinter den Kulissen des Palma Aquariums auf Mallorca – und kann von Besuchern innerhalb der besonderen „Backstage Tour“ besichtigt werden. Dort gibt es sechs speziell für die Versorgung von verletzten Schildkröten ausgestattete Becken, wovon zwei als „Intensivstation“ fungieren. Hinzu kommen zwei Außenbecken im für Besucher frei zugänglichen Bereich des Palma Aquariums, in denen die Tiere während der Übergangs- und Rehabilitationsphase bis zu ihrer Wiederauswilderung leben.

Ein Krankenhaus für Schildkröten

Tagtäglich kümmern sich Biologen, Veterinärmediziner, Freiwillige und Aquarientechniker der Stiftung Palma Aquarium intensiv um das Wohlergehen der verletzten Meeresreptilien. Stoßen Strandbesucher auf ein verletztes Tier, gelangen sie über die Rufnummer 112 zum Rettungsteam der Stiftung Palma Aquarium. Wichtig ist dabei, immer den Anweisungen der Experten zu folgen, um die Tiere nicht weiter zu schädigen. In der „Tierklinik“ angekommen, ähneln die Aufgaben und Abläufe denen eines gewöhnlichen Krankenhauses: „Wenn eine verletzte Meeresschildkröte gefunden wird, wird sie in das Schildkrötenkrankenhaus gebracht, wo unser Team sie tiermedizinisch begutachtet, Blutproben entnimmt und sie katalogisiert“, so Xisca Pujol, Leiterin der Tiernotrettung der Stiftung Palma Aquarium. „Je nach Schwere der Verletzung sind noch weitere Untersuchungen nötig, etwa Röntgen oder eine Computertomographie.“ Für gestrandete Wale, Delfine und Haie findet die tiermedizinische Behandlung in der Regel vor Ort oder im Meer statt. Je nach Situation kann es allerdings vorkommen, dass ein verletztes Tier zur weiteren Versorgung in das Palma Aquarium gebracht werden muss. Während ihres Aufenthalts im Rettungs- und Rehabilitationszentrum des Palma Aquariums erhalten die Schildkröten dann spezielle tiermedizinische Behandlungen, die stets unter Aufsicht von erfahrenen Veterinären durchgeführt werden. Alle Panzertiere werden, sobald sie sich vollständig von ihren Verletzungen erholt haben, wieder in die Freiheit entlassen.

Plastikmüll und Fischernetze: Die Killer der Meere

Bis es soweit ist, können mehrere Monate vergehen, in denen das Team des Marine Fauna Recovery Centers die Meeresreptilien tagtäglich umsorgt. Hinzu kommen die Notfalleinsätze. Im Schnitt werden sie alle drei Tage an einen Strand gerufen, weil dort jemand ein gestrandetes oder verletztes Tier entdeckt hat. „Die meisten von ihnen haben sich in Teilen von Fischernetzen, Plastiktüten oder -verpackungen verheddert – oder sie haben Plastik verschluckt, weil sie es für Futter halten“, berichtet die studierte Biologin Pujol, die sich seit zehn Jahren für den Erhalt der Meeresfauna einsetzt. Laut dem internationalen Netzwerk Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) landen jährlich etwa 220.000 Tonnen Plastikmüll alleine im Mittelmeer. Das entspricht etwa 500 Schiffscontainern pro Tag. Man geht davon aus, dass drei Viertel des gesamten Mülls in den Weltmeeren Plastik ist.

Verheddern sich Meeresschildkröten oder andere Meerestiere im herumschwimmenden Müll, können sie sich schwere Verletzungen zuziehen. Oft ist dann eine Operation – oder sogar eine Amputation – notwendig, um das Leben der Tiere zu retten. „60 Prozent der im letzten Jahr auf den Balearen gestrandeten Schildkröten hatten sich in sogenannten Geisternetzen verheddert, also herrenlosen Teilen von Fischernetzen“, weiß Xisca Pujol. Die Biologin ergänzt: „Beim Versuch, die Netze und Ähnliches zu entfernen, ziehen die Tiere die Schlinge immer enger zu. Im schlimmsten Fall schneiden sie dadurch die Blutzufuhr zu ihren Flossen ab, wodurch das angestaute Blut toxisch wird. Wird das Tier entwirrt und gelangt das giftige Blut wieder in den Blutkreislauf, kann das schnell zum Tod führen.“ Aus diesem Grund sollte, wer ein verheddertes Tier entdeckt, die Verhedderung niemals entfernen – auch wenn man dem leidenden Lebewesen natürlich helfen möchte.

Verschlucken die Tiere Plastik, ist dies für sie nicht nur gefährlich, sondern auch besonders tückisch. Denn äußerlich ist ihnen meist nichts anzumerken. „Daher sollte man gestrandete Schildkröten niemals zurück ins Wasser bringen – auch wenn sie wohlauf wirken“, warnt Xisca Pujol. Untersuchungen haben gezeigt, dass mehr als die Hälfte der im westlichen Mittelmeer lebenden Meeresreptilien Plastik im Magen-Darm-Trakt haben. Natürlich ist der Plastikmüll nicht die einzige Gefahr, die im Mittelmeer lauert: Es kommt auch regelmäßig zu Verletzungen, wenn Tiere von Booten überfahren werden oder mit Schiffsschrauben kollidieren. „Verletzte und kranke Schildkröten schwimmen an der Wasseroberfläche, sie können nicht mehr tauchen“, so Pujol. Die Folge: Sie finden kein Futter mehr, können dehydrieren oder sich andere schwerwiegende Krankheiten zuziehen. Oder sie stranden und werden dort rechtzeitig entdeckt – und können vom Fachpersonal des Marine Fauna Recovery Centers gerettet werden.

Zurück ins Meer

Das gelingt glücklicherweise in vielen Fällen: 2023 wurden 83 verletzte Meeresschildkröten gefunden und behandelt, davon wurden 37 lebende Tiere ins Rettungs- und Rehabilitationszentrum gebracht. 26 der gepanzerten Patienten konnten bereits wieder ausgesetzt werden. Das geschieht erst dann, wenn die Tiere ohne Medikation beschwerdefrei sind, regelmäßig sowie eigenständig Nahrung aufnehmen und die Veterinäre ihr uneingeschränktes OK geben. Ohne die Hilfe zahlreicher Freiwilliger wäre all dies kaum zu schaffen, weiß die erfahrene Biologin Pujol: „Wir sind immer wieder beeindruckt, wie viele Einheimische sich in unseren Freiwilligenprogrammen engagieren. Zuletzt haben wir sogar eine Initiative speziell für Rentner ins Leben gerufen, die sich großer Beliebtheit erfreut“, zeigt sie sich zufrieden. „Die Menschen wollen sich engagieren und haben ein ausgeprägtes Bewusstsein dafür, wie gefährdet das Mittelmeer und die anderen Weltmeere sind.“ Am besten wäre es jedoch, es würde gar nicht erst so viel Plastik(-müll) in die Ozeane gelangen. „Dann wäre ein großer Teil unserer Arbeit gar nicht notwendig – so gerne wir alle sie tun.“ Für die Teilnahme im Freiwilligenprogramm der Stiftung Palma Aquarium müssen Interessierte ihren Hauptwohnsitz auf Mallorca haben. Denn nur so kann die nötige Einsatzbereitschaft über das gesamte Jahr gewährleistet werden.

Das Palma Aquarium: mehr als eine Touristenattraktion

Das 2007 eröffnete Palma Aquarium auf Mallorca gehört zu den beliebtesten Attraktionen der Ferieninsel, in der Besucher die Schönheit der Meere bestaunen können. Es ist jedoch viel mehr als das: So beherbergt der Meerespark eine der größten Korallenzuchtstationen Europas, zudem werden hier Bildungsprogramme zum Meeresschutz angeboten und verschiedene Forschungsprojekte durchgeführt. Darüber hinaus spielt der aktive Einsatz für die Meeresflora und -fauna eine bedeutende Rolle: Unter dem Dach der 2016 gegründeten Stiftung Palma Aquarium organisieren die Meeresschützer Müllsammelaktionen, große Naturschutzprojekte und weitere Aktionen, die dem Schutz und Erhalt des Mittelmeeres dienen. Zu diesem Zweck kooperiert die Stiftung mit Bildungseinrichtungen wie der Universität der Balearen und der Universität Barcelona sowie weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen, Behörden und Nichtregierungsorganisationen. Seit 2014 ist die Palma Aquarium Stiftung das offizielle „Erholungszentrum der katalogisierten Meeresfauna der Balearen“ und verantwortet die Rettung und Rehabilitation gestrandeter Meerestiere auf den Balearischen Inseln.

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Mehr Informationen zu Palma Aquarium gibt es unter: www.palmaaquarium.com/de/

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Über das Palma Aquarium
Das Palma Aquarium auf Mallorca wurde 2007 mit dem Ziel eröffnet, ein authentisches Aquarium zu schaffen, das die marinen Ökosysteme sowie den Reichtum der Fauna und Flora der Weltmeere originalgetreu nachbildet. Als eines von aktuell vier Aquarien von Coral World International verfolgt das Palma Aquarium die Mission, seinen Besuchern die Schönheit und Bedeutung der Ozeane aufzuzeigen und sie für den Meeresschutz zu sensibilisieren. Zusammen mit seiner Stiftung „Fundacion Palma Aquarium“ führt es Kampagnen zur Umweltbildung, Projekte zum Schutz gefährdeter Arten im Mittelmeer sowie Meeresforschung durch. Das Palma Aquarium verfügt über 24.000 Quadratmeter und beherbergt mehr als 8.000 Exponate von 700 Tier- und Pflanzenarten aus aller Welt, deren Wohlergehen oberste Priorität hat. Im Jahr 2023 bestaunten mehr als 500.000 Besucher die Ausstellungen der verschiedenen Meereswelten. Das Palma Aquarium gehört zu Coral World International, einem weltweit führenden Unternehmen für die Errichtung von Meeresparks.

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