Scheidung: Bei Getrenntleben keine Bedarfsgemeinschaft

Scheidung: Bei Getrenntleben keine Bedarfsgemeinschaft

In der Regel kann eine Ehe nach einem Jahr Trennung geschieden werden. Zum Nachweis der Trennung geh?ren auch getrennte Haushalts- und Wirtschaftsbereiche. Eine weiterhin bestehende Bedarfsgemeinschaft nach SGB II spricht gegen eine wirtschaftliche Trennung.

Der Mann hatte im August 2023 die Scheidung seiner 1987 geschlossenen Ehe und Verfahrenskostenhilfe beantragt. Er gab an, seine Frau und er lebten innerhalb der gemeinsamen Wohnung schon seit mindestens zehn Jahren voneinander getrennt. Er schlafe im Schlafzimmer, sie im Wohn- und sp?ter im Kinderzimmer. Die Mahlzeiten h?tten sie getrennt eingenommen. Im Juli 2023 schlie?lich sei die Frau aus der Wohnung ausgezogen. Laut der Frau war die Ehe seit mehreren Jahren zerr?ttet, beide Ehepartner lehnten die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft ab.

Mit dem Scheidungsantrag legte der Mann einen Bescheid des Jobcenters vor, wonach ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt werden. Die Leistungen werden f?r die Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus dem Ehepaar, auf Antrag vom 06. Juni 2023 ab Juli bewilligt.

Scheidung trotz bestehender Bedarfsgemeinschaft?
Das Gericht lehnte die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ab. Der Scheidungsantrag habe keine Erfolgsaussicht, da die Voraussetzungen f?r eine Scheidung nicht gegeben seien. Eine Ehe k?nne in der Regel dann geschieden werden, wenn die Ehepartner seit mindestens einem Jahr getrennt lebten und der andere Ehepartner dem Scheidungsantrag zustimme. Im vorliegenden Fall habe zum Zeitpunkt des letzten Bescheids des Jobcenters – also im Juni 2023 – noch eine Bedarfsgemeinschaft bestanden. Das schlie?e jedoch ein Getrenntleben aus.

Bedarfsgemeinschaft spricht f?r h?usliche Gemeinschaft
Voraussetzung f?r ein Getrenntleben sei, dass es keine h?usliche Gemeinschaft mehr gebe und mindestens ein Ehepartner die Ehe ablehne. Dabei k?nne die Trennung auch innerhalb der gemeinsamen Wohnung erfolgen. Es m?sse jedoch klar sein, dass das (Noch-)Ehepaar keinen gemeinsamen Haushalt mehr f?hre und keine wesentlichen pers?nlichen Beziehungen zwischen den Partnern mehr best?nden. Erforderlich sei, dass sich die Gemeinsamkeiten auf das Unvermeidliche wie beispielsweise die gemeinsame Benutzung von K?che oder Bad beschr?nkten. Insbesondere sei auch die Existenz von zwei getrennten Haushalts- und Wirtschaftsbereichen entscheidend.

Beziehe ein Ehepaar, das in derselben Wohnung lebt, als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, sei das mindestens ein starkes Indiz gegen ein Getrenntleben. “…beim Jobcenter Leistungen f?r die Bedarfsgemeinschaft mit dem in derselben Wohnung lebenden Ehegatten zu beantragen und zugleich gegen?ber dem Familiengericht anzugeben, die Ehegatten lebten im Rechtssinne getrennt, ist damit offensichtlich widerspr?chlich.”

Oberlandesgericht Karlsruhe am 11. Dezember 2023 (AZ: 16 WF 124/23)

Keywords:Deutscher Anwaltverein, Familienanw?lte, Recht, Rat, Trennung, Ehe, Bedarfsgemeinschaft

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